Die Jahreszeiten

LANDSCHAFT. NATURSCHÖPFUNG
UND MENSCHENWERK,
NEUE ARBEITEN VON MARILENA SAMBOURA

Die ausgeprägte Malkultur, die genuin malerische Thematik, die frühgeschichtliche und aktuelle Zeit- und Raumerfahrung parallelisieren, machen die Tafelbilder zum temperamentvoll kontrasireichen, künstlerischen Ereignis.
Marilena Samboura lebt in Athen, sie hat dort und in Paris studiert, sie hat aktiven Anteil mil eigenen Ausstellurtgen und Ausstellungsbeteiligungen am gegenwärtigen Dialog der Kunstszene, der überregional und weltweit stattfindel: In technisch beschleunigter Zeit werden Denk – Räume oft schneller durcheilt als sinnlich wahrgenommen.
In ihren Bildern verarbeitet Marilena Samboura ihr individuell nahes Erleben mil den allgegenwärtigen Fragestellungen. Griechische Inselräume und die blühenden, kultischen Landschaftsfresken aus vorgeschichtlicher Zeit, die auf der Insel Thera bei Ausgrabungen in Akrotiri gefunden wurden, sind nachhaltige Inspirationsquellen.
Fülle und Dauer – Veränderung und Vergänglichkeit, Wachsen und Fliessen, das klare Erleben von Schöpfung und Wandel spiegeln die Gemälde zum Zyklus “Jahreszeiten”. Malen bedeutet für Marilena Samboura: Schauen, empfinden, reflektieren in der Sprache der Kunst. Beobachtungen und Visionen sehen wir zum schöpferischen Dialog im Bildwerk verdichtet.
Die vier Triptychen von 1992/93 sind, jeweils zu standtesten dreiteiligen Ρa ravents oder Hausala ren verbunden, den Jahreszeiten gewidmet. Sel- bstandig oder auch in der Abfolge zu erleben, zeigen sie die beseelten Kräfte von Natur und Licht, die das dramatische Schauspiel in der Landschaft und auf den Bildflachen entfachen.
Voller Glanz und Licht strömt die Farbigkeit mit gründgoldenen Tonen zur Gestalt des Frühlings oder zur kristallinrauchigen Form des Winters, transformiert in Malerei.
Licht wird nicht punktuell gegeben, bleibt nicht partielles Ereignis, es erwärmt oder kühlt die Farbe, eng mit ihr verschwistert Jeglicher Grau- schleier verschwand aus den Hochfarben, ohne dämpfendes weiß leuchter sie gläsern tief und seidig transparent.
Das Gesicht der Landschaft trägt entfernt charakteristische Züge griechischer Inselräume. In diesem Sinne unterscheidet sich die Malerei von Marilena Samboura von Künstlern ihrer Generation. Ihre Symbolsprache bezieht Formen und Kräfte wirklicher Landschaft mit ein.
Lebendig gemalte, im Licht irisierende Flüsse versickern, Wasserlaufe verschwinden  im Sand, im Stein. Von Etesien beeinflußt erscheint der Sommer in flammend lichter gelb-goldener Farbigkeit gefährlich zu glühen.
Feuerkränze werden sichtbar – eigenartige Bilderfindungen. Das kalt-eisige Winterbildnis mit tiefen Durchblicken hinunter zum Meer rufen ferne, innerlich gespeicherte Impressionen hervor. Topographische Zitate sind Vulkankegel, Schluchten und Tiefen.
Aufbau, Spannung und Dramatik in der Natur werden im Bild in Farbe, Farbchromatik, Licht und Atmosphäre vefwandelt, Mit sicherem Gefühl fur Raumdistanzen und Proportionen sind räumlich plastisch und gelöst menschiche Figuren und Gegenstände eingefügt. Sie tragen Zeichen der Vergänglichkeit oder auch fragender Ratlosigkeit in die beseelte Schönheit des goldenen Zeitalters, das Vergil, Dante, Hölderling, Novalis in ihren Werken erschauten.
Zwei Menschen zu Füßen einer
fragmentarischen Himmelsleiter – (verlorenes Paradies?), ein geheimnisvoll, lichtes – entrücktes Renaissanceportal,
Brücken, die zu nichts führen, Bäume, deren Wurzeln an Bächen vertrocknen sind zarte, schon gemalte in diesem Sinne Zeichen. Das Nebeneinander von Leben, Licht, Farbharmonie und Vergänglichkeit bringt Malerei und Wahrheit zusammen.
“Überall Natur! und, wie vom Quellengebirg rinnt Segen von da und dort in die keimende Seele …Blühet indes, bis unsere Früchte beginnen Blüht, ihr Garten
Ioniens! verbergt dem schauenden Tage die Trauer!”
Aus: Hölderlin “Der Archipelagos”.
Vor den Bildern des Künstlers Manfred Henkel in seinem Atelier haben wir uns 1989 kennengelernt. Seitdem schwebt uns vor, diese Arbeiten hier in Berlin zu zeigen.

AGATHE HENKEL  KUNSTHISTORIKER , GALERIST 

1993